Die im Pariser Abkommen aus dem Jahr 2015 weltweit vereinbarte
Begrenzung der Temperatur-Erhöhung auf der Erde um 1,5°C
durch Nutzung fossiler Brennstoffe

erfordert Produktions-Rückgänge,
aber die meisten Öl- und Gasunternehmen planen eine Expansion.

 

So steht es in einem Bericht bei „Carbon Tracker„, einen unabhängiger Finanz-Think Tank, der eingehende Analysen zu den Auswirkungen der Energiewende auf die Kapitalmärkte und den möglichen Investitionen in kostenintensive, kohlenstoffintensive fossile Brennstoffe durchführt:
Öl- und Gasunternehmen geben enorme Summen für neue Produktionen aus, die die Welt in eine Klimakatastrophe führen werden.
Im Szenario „Netto-Null-Emissionen bis 2050“ (Net Zero Emissions by 2050, NZE) der IEA, dem am häufigsten genannten Weg zur Begrenzung der Erwärmung auf 1,5 °C, besteht kein Bedarf für die Entwicklung neuer konventioneller Öl- und Gasquellen – die Produktion sinkt bis 2030 um 22 % und bis 2035 um 44 % im Vergleich zu 2019. 

Der Bericht stellt fest, dass Chevron, Eni, Shell, TotalEnergies und andere Unternehmen im Jahr 2021 und im ersten Quartal 2022 Investitionen in Höhe von insgesamt 58 Milliarden US-Dollar genehmigt haben, die nur erforderlich sein werden, wenn die Öl- und Gasnachfrage so stark ansteigt, dass die globale Temperatur über 2,5 °C steigt °C. …..
In diesem Bericht blicken wir über die Ziele hinaus, um die Maßnahmen der Unternehmen zu bewerten, indem wir die Abstimmung von Projektgenehmigungen und zukünftigen Produktionsplänen berücksichtigen. Wir haben aktuelle und zukünftige Öl- und Gasprojekte weltweit modelliert, um die Kompatibilität mit den verschiedenen Szenarien der Internationalen Energieagentur (IEA) zu bewerten.“
( Carbon Tracker: Dez 2022, Thom Allen u. Mike Coffin, „Paris Maligned“ )

 

Die Ausbeute siegt über Klimaschutz

Das zeigt auch der Bericht im Deutschlandfunk vom 03.04.2023:

„Die US-Regierung hat dem Ölkonzern Conocophillips drei neue Bohrplattformen in Alaska genehmigt.
US-Präsident Joe Biden bricht damit ein Wahlversprechen, Umweltschutzorganisationen reagieren empört.
In Alaska wird die Entscheidung zumeist begrüßt.

Warum das Willow Project in den USA so umstritten ist

Der US-Öl-Konzern Conocophillips wollte eigentlich fünf Bohrplattformen im Nordwesten Alaskas bauen, die US-Regierung hat jetzt allerdings nur drei davon genehmigt. Conocophillips bezeichnete die Genehmigung als praktikabel.
Nach Angaben von Conocophillips können mit dem Willow Project täglich bis zu 180.000 Barrel Öl gefördert werden. Insgesamt könne man über die neu entstehenden Plattformen in den kommenden etwa 30 Jahren 600 Millionen Barrel Öl fördern.
Im Jahr 2021 haben die USA pro Tag 18,7 Millionen Barrel Öl verbraucht, das Willlow Project wird also nur gut ein Prozent des Verbrauchs abdecken können. Mit den insgesamt anvisierten 600 Millionen Barrel Öl kämen die USA aktuell einen Monat lang aus. …..
Der Bundesstaat Alaska profitiert erheblich von den Steuereinnahmen der Ölkonzerne. Die Finanzierung der Staatsausgaben ist ohne die Einnahmen aus der Ölindustrie nicht möglich. Ein Drittel der Einwohner Alaskas sei direkt oder indirekt von den Einnahmen des Öls abhängig, erklärt der Ökonom Brett Watson von der Universität Alaska Anchorage. Darunter seien viele Ureinwohner. ….
Auch Umweltaktivisten betonen, dass die Bewohner von Alaska Unterstützung brauchen. Es müsse aber darum gehen, neue Wirtschaftsstrukturen zu schaffen, statt die Abhängigkeit vom Geld der Ölindustrie zu verlängern. Das sei im Interesse der lokalen Bevölkerung, in der sich auch einzelne Gemeinden gegen das Willow Project ausgesprochen haben. ….“
( Deutschlandfunk: Ölförderung in Alaska, Warum das Willow Project in den USA so umstritten ist )
 
 
Studie vonEXXON Mobil (Esso)

EXXON Mobil (Esso) – der US-amerikanische MineralÖlkonzern wusste es schon 1982!

Dazu der Meteorologe S. Plöger in seinem Buch „Zieht euch warm an, es wird heiß“:
„So hat EXXON (ESSO) schon 1982 (!) mithilfe eigener Klimamodelle ziemlich akkurate Berechnungen wichtiger Größen liefern können. Die Wissenschaftler des Konzerns wiesen intern darauf hin, dass der CO2-Gehalt bis 2020 auf 420 ppm steigen würde (aktuell 415 ppm) und dass die globale Temperatur bis dahin um 0,9 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit angestiegen sein wird (dieser Wert wurde 2017 erreicht). Auch auf das Schmelzen der Polkappen und die daraus folgenden Veränderungen beim Niederschlag wurde 1982 hingewiesen. Trotzdem schaltete der gleiche Konzern noch 1997, also 15 Jahre nach Vorliegen dieser Erkenntnisse, Anzeigen, in denen er darauf hinwies, dass Klimawissenschaftler nicht vorhersagen können, ob und wie stark die Temperaturen durch menschliches Zutun ansteigen.
Shell stellte 1986 Ähnliches fest und schrieb in der internen Studie »The Greenhouse Effect«, dass der massive Ausstoß von Treibhausgasen unumkehrbare Auswirkungen auf Natur und Menschen haben wird, und dass fossile Brennstoffe daran einen erheblichen Anteil haben werden. Ergebnisse also, die Ölkonzerne in eigener Regie gewannen, lange bevor es den Weltklimarat IPCC überhaupt gab! Eine weitere interne Studie von Shell aus dem Jahr 1998 weist auf eine deutliche Extremwetterzunahme ab 2010 »mit katastrophalen Folgen« und eine wachsende Besorgnis in der Öffentlichkeit hin. Auch dass Umweltorganisationen immer mehr Gehör in der Öffentlichkeit bekämen und gegen Ölkonzerne klagen könnten, wurde thematisiert. Chapeau, eine solide Vorhersage!Die allerdings ebenfalls verschwiegen wurde. Am alten Geschäftsmodell so lange wie möglich festzuhalten, um Geld zu machen und deshalb – koste es, was es wolle – vernünftige Maßnahmen auszubremsen, ist bei Weitem nicht auf eine Branche beschränkt. Traurig, aber wahr und vielleicht eine fundamentale Charakterschwäche des Menschen.“ (S.Plöger, S. 152)

Siehe und höre auch: „Die schmutzigen Lügen der Ölindustrie“,
Klimabericht-Podcast von Philip Betge und Marius Mestermann Spiegel WISSEN 24.01.2023

Artikel des Fachmagazins „Science“ (SCIENCE 13 Jan 2023 Vol 379Issue 6628):
„Assessing ExxonMobil’s global warming projections“ (Bewertung der globalen Erwärmungsprognosen von ExxonMobil)
„Jahrzehntelang versuchten einige Mitglieder der Industrie für fossile Brennstoffe, die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Nutzung fossiler Brennstoffe und der Klimaerwärmung nicht hergestellt werden könne, weil die zur Projektion der Erwärmung verwendeten Modelle zu unsicher seien. Supran et al . zeigen, dass eines dieser Unternehmen für fossile Brennstoffe, ExxonMobil, seine eigenen internen Modelle hatte, die Erwärmungspfade prognostizierten, die mit den Vorhersagen der unabhängigen akademischen und staatlichen Modelle übereinstimmten. Was sie über Klimamodelle verstanden, widersprach somit dem, was sie der Öffentlichkeit vorgaukelten.—HJS …..
Unsere Ergebnisse zeigen, dass ExxonMobil in privaten und akademischen Kreisen seit den späten 1970er und frühen 1980er Jahren die globale Erwärmung korrekt und geschickt vorhergesagt hat. Unter Verwendung etablierter statistischer Techniken stellen wir fest, dass 63 bis 83 % der von ExxonMobil-Wissenschaftlern gemeldeten Klimaprognosen die nachfolgende globale Erwärmung genau vorhersagten. Die von ExxonMobil prognostizierte durchschnittliche Erwärmung betrug 0,20° ± 0,04°C pro Dekade, was innerhalb der Unsicherheit dieselbe ist wie die von unabhängigen Wissenschaftlern und Regierungsprojektionen, die zwischen 1970 und 2007 veröffentlicht wurden. Der durchschnittliche „Skill Score“ und das Unsicherheitsniveau der Klimamodelle von ExxonMobil (67 bis 75 % bzw. ±21 %) waren ebenfalls ähnlich denen der unabhängigen Modelle. …“
(SCIENCE 13 Jan 2023 Vol 379Issue 6628)

 

 
ZDF: 2 aufschlussreiche Filme zum Thema Erdöl

 

Andreas Sawall zeichnet in zwei Teilen den weltweiten Siegeszug des Erdöls nach: von den Anfängen seiner industriellen Ausbeutung in den USA zum wichtigsten Schmierstoff internationaler Beziehungen und Auslöser globaler Krisen.
Anhand zahlreicher Fundstücke aus internationalen Archiven und mittels Interviews wie mit dem Physiker Harald Lesch, dem italienischen Historiker Giuliano Garavini, dem Schweizer Buchautor und Journalisten Daniel Ammann und anderen entsteht ein vielschichtiges Porträt eines Rohstoffs, der über viele Jahrzehnte – und bis heute unverändert – unseren Alltag prägt.

Öl.Macht:Geschichte (1/2)                    Weg ins Erdölzeitalter                    
    Öl.Macht.Geschichte (2/2)    Wie das schwarze Gold die Welt beherrscht

Der tiefe Fall des Rohölpreises seit 2014 läutete den Untergang einer geopolitischen Weltordnung ein, die seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs bestanden hatte. Mit der Förderung von Schieferöl per Fracking waren die USA zum größten Erdölproduzenten der Welt aufgestiegen.
Unterdessen schreitet die Energiewende voran. Erdöl regiert die Welt – aber wie lange noch?

 

bei phoenix:   Poker ums Öl      Film von Jean Crépu
Mit der Förderung von Schieferöl wurden die USA zum größten Ölproduzenten weltweit. Seither liefern sie sich mit Saudi-Arabien und Russland einen Wettkampf um Macht und Geld. In der ZDFinfo-Doku „Poker ums Öl“ wirft Filmautor Jean Crépu einen Blick auf das Spiel der internationalen Konkurrenten.

 

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