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…es sollte die weltgrößte „Frei“-Handelszone werden…

FREI ist der Handel in Freihandelszonen im Wesentlichen für die, die an dem Handel verdienen!

Dirk Rossmann, „Der Neunte Arm Des Oktopus“


tagesschau vom 07.10.2020:

EU-Parlament lehnt ab – – –  Mercosur-Abkommen vor dem Aus
Es sollte die weltgrößte Freihandelszone werden. Jetzt ist das Mercosur-Abkommen mit dem südamerikanischen Staatenbund im EU-Parlament vorerst gescheitert. Ein Grund ist die Umweltzerstörung im Amazonas.

Von Matthias Reiche, ARD-Studio Brüssel
Am Ende war es nur noch eine kleine Überraschung. Nach 20 Jahren Verhandlungen hatte es für das Mercosur-Abkommen zwischen der EU, Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay im EU-Parlament immer mehr politischen Gegenwind gegeben. Mit 345 zu 295 Stimmen votierten nun die Abgeordneten beim Bericht zur EU-Handelspolitik für einen Änderungsantrag, der das Aus für das Abkommen bedeuten könnte.   ….
In dem habe das Parlament sich deutlich positioniert, freut sich die EU-Abgeordnete der Grünen, Anna Cavazzini: „Das ist ein riesiger Erfolg und ein sehr deutliches Zeichen in Richtung Kommission, dass das Mercosur-Abkommen so niemals durch das Europa-Parlament gehen würde. Jetzt verhandeln die Kommission und die Mitgliedsstaaten im Hintergrund darüber, wie man das Abkommen noch retten kann.“ Es müsse verbindliche, umsetzbare, einklagbare Standards geben, so Cavazzini. „Das ist für uns total wichtig.“


taz die tageszeitung dienstag, 16.märz 2021 Seite08


Netzwerk Gerechter Welthandel

Gemeinsamer Aufruf „EU-Mercosur-Abkommen stoppen!“

Dieser Aufruf wurde erstmals im Juni 2020 von 60 Organisationen veröffentlicht. Denn die Bundesregierung hatte angekündigt, unter der deutschen EU-Ratspräsidentschaft unter anderem „zügige Fortschritte“ beim geplanten Handelsabkommen der EU mit den Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay anzustreben. Dagegen protestierte das Netzwerk Gerechter Welthandel gemeinsam mit weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen aus den Bereichen Umweltschutz, Landwirtschaft, Menschenrechte, Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe. Mittlerweile wurde der Aufruf von über 70 Organisationen unterzeichnet.

Zeit zum Umdenken – EU-Mercosur-Abkommen stoppen!
Seit 20 Jahren dauern die Verhandlungen zwischen der EU und dem südamerikanischen Staatenbund Mercosur (Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay) an. Im vergangenen Juni wurde eine politische Verständigung erzielt. Seither wird an der Erarbeitung eines unterzeichnungsreifen Vertrags gearbeitet. Doch die Mehrheit der Bürger*innen lehnt das Abkommen ab. Die Parlamente der EU-Mitgliedstaaten Frankreich, Belgien, Irland und Niederlande haben deutliche Kritik geäußert, die österreichische Regierung will das Abkommen in der jetzigen Form nicht unterzeichnen. Denn kaum ein Abkommen ist so sehr dem Denken und politischen Handeln der Vergangenheit verpflichtet wie das EU-Mercosur-Abkommen. (gemeinsamer Aufruf EU-Mercosur-Abkommen stoppen!“)


Larissa Bombardi im Interview bei Greenpeace:

Das [Mercosur-]Abkommen bietet dem Mercosur Anreize, Produkte landwirtschaftlichen Ursprungs zu exportieren. Für die EU bietet es Anreize, industrialisierte Produkte zu exportieren. Die Ungleichheit der Beziehung verfestigt sich. Die landwirtschaftliche Produktionsweise wird weiterhin Abholzung, Pestizideinsatz und oft auch gewalttätige Landkonflikte mit sich bringen. …..
Die Produktion steigt zudem nur durch die vergrößerte Anbaufläche; die Produktivität bei Soja auf den Flächen hat sich nicht erhöht. Mehr zu exportieren bedeutet also zwangsläufig, neue Flächen zu opfern….“
(Greenpeace, Lena Hollender – Interview mit Larissa Bombardi)

Larissa Bombardi, Professorin der Abteilung für Geographie der Iniversidade de São Paulo
wird nach eigenen Angaben verfolgt und ins Exil gezwungen.

„Ihre Forschungsergebnisse [zum Pestizideinsatz in Brasilien / Veröffentlichung des Atlas „Geographie des Pestizideinsatzes in Brasilien und Verbindungen mit der Europäischen Union“ im Jahr 2017 ] hatten dazu geführt, dass Skandinaviens größtes Netzwerk für Bioprodukte den Kauf von Lebensmitteln aus Brasilien aussetzte und damit die wirtschaftlichen Interessen des Agrobusiness tangierte.“ Seitdem wird Bombardi unter Druck gesetzt und eingeschüchtert.
(amerika21 – Nachrichten und Analysen aus Lateinamerika)


Erst mit einem Freihandelsvertrag locken,
damit an Europa möglichst günstig Soja, Rindfleisch und Eisenerz geliefert wird,
und dann
das Militär schicken, um Brasilien zu zwingen,
für die Produktion von Soja und die Förderung von Eisenerz keinen Regenwald mehr zu roden.

 

Mein Leserkommentar zu dem Buch von Dirk Rossmann, Der Neunte Arm Des Oktopus, Verlag Bastei Lübbe, 16.11.2020:

Analyse super – Visionen von gestern
In den Talkshows hört sich das, was Herr Roßmann über sein neues Buch gesagt hat, deutlich besser an als das, was man nach dem Kauf im Buch lesen kann. Auch der Klappentext des Buches klingt sehr gut – eine Klima-Allianz bildet sich, um die Erde zu retten. Im Buch wird diese Klima-Allianz zu einer Weltregierung der G3-Staaten: China, Russland und die USA. Da fängt es schon an, fragwürdig zu werden. Hat sich Herr Roßmann von demokratischen Grundprinzipien verabschiedet zugunsten einer Öko-Diktatur? Wie sonst ist zu erklären, dass ausgerechnet diese drei Staaten diese Weltregierung bilden, obwohl sie zu den Hauptverursachern für die Klimakatastrophe gehören. Ausgerechnet diese G3 wollen Ziele für alle anderen vorgeben? Gewichtige Länder und Regionen hingegen wie Indien, Afrika, Europa spielen im Buch so gut wie keine Rolle, sind nur untertänig vorgesehen in dieser Weltregierung. An der Zielfindung der Weltregierung sind sie nicht beteiligt. Okay, vielleicht kommt es so, aber es wäre keine nachhaltige Vision.

Brasilien soll die Zerstörung des Regenwaldes sofort beenden, in der Tat längst überfällig! Erreichen sollen das die G3 des Herrn Roßmann mit der Androhung von militärischen Mitteln. Flugzeugträger und anderes militärisches Gerät wird aufgefahren.

Wesentlich visionärer wäre es m.E., zum Beispiel den Mercosur-Handelsvertrag u.a. mit Brasilien so zu verschärfen, dass es für den Staat und Firmen in Brasilien überhaupt keinen Effekt mehr hätte, den Regenwald in scheinbare sinnvolle Anbauflächen für die Landwirtschaft zu verwandeln.  Ein Thriller zu einem solchen Ansinnen müsste sich dann eher bei uns in Europa abspielen, die wir von günstigen Lebensmittelimporten seit Jahrzehnten profitieren. Wir haben wahrlich genug vor der eigenen Haustür zu fegen!
Hauptbeteiligte an der Klimakatastrophe wie Banken, der Investmentbereich, zivile Organisationen und Initiativen kommen in der Vision des Herrn Roßmann überhaupt nicht vor.  „Die Politiker haben verstanden, aber Millionen von Menschen haben nicht verstanden“ – so Herr Roßmann. In meinem Alltag der letzten 40 Jahre habe ich das deutlich anders erlebt. Ja, es wird sehr schwer werden, die nötigen Veränderungen zur Reduzierung des Klimawandels durchzusetzen, aber militärische Mittel sind von gestern, weder visionär noch nachhaltig erfolgreich!

Dazu lesenswert: „Klimawandel und Klimaschutz im Bewusstsein der Menschen“, Kap 13.5 aus dem Datenreport 2021 der Bundeszentrale für politische Bildung.

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