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Die Wege des Abwassers

„Klärwerke haben die Aufgabe, das verschmutzte Trinkwasser zu reinigen, bevor es wieder in die Flüsse fließt.“

Grundstücksentwässerung

Der Weg des Abwassers

( Quelle: Abwasser-Zweckverband Südholstein (azv), Wasserkreislauf,  https://www.azv.sh/wasser-wissen/wasserkreislauf)

Unsichtbare Bedrohung
durch Mikroplastik und Medikamentenreste

„Mit dem Abwasser kommen in Kläranlagen diverse Gegenstände und Stoffe an, die durch den Abfluss oder die Toilette entsorgt worden sind. Einen Teil davon können wir in unseren Anlagen aus dem Abwasser herausholen.
Es gibt aber auch Stoffe, die wir nur teilweise oder gar nicht aus dem Abwasser entfernen können. Sie gelangen dann in die natürlichen Gewässer und haben teils gefährliche Auswirkungen für die Umwelt und den Menschen. Einige dieser Schad- und Spurenstoffe sind mit bloßem Auge kaum oder gar nicht wahrnehmbar. Dazu gehören Mikroplastik, flüssige Kunststoffe und Medikamentenreste. Pilotversuche zeigen, dass auch mit zusätzlichen Reinigungsstufen auf Kläranlagen Schad- und Spurenstoffe nicht komplett aus dem Abwasser entfernt werden können.
Wir finden: Was gar nicht erst ins Abwasser gelangt, muss auch nicht mühsam wieder rausgeholt werden!
Die 45 Mitglieder und die Verwaltung des Abwasser-Zweckverbands Südholstein fordern die Politik zur Unterstützung auf und appellieren an Bürgerinnen und Bürger.“
( Abwasser-Zweckverband Südholstein: Resolution an die Politik, Appell an die Bürger )

 

Mit Blick auf das Grundwasser
steht bei der Abwasserbehandlung ein deutlicher System-Wechsel an

Kreislaufwirtschaft :

Das, was wir dem System entnehmen, muss so schnell als möglich wieder zurückgeführt werden!

Bisher werden die meisten Abwässer aus den Kläranlagen nach der Klärung direkt in die Flüsse geleitet. Das Wasser fließt in das Meer, verdunstet, es regnet und das Wasser ist wieder da. So wird es oft beschrieben und in der Schule gelehrt. Ein Kreislauf ?  – ja, aber mit erheblicher Verzögerung!
Das geklärte und aufbereitete Wasser ist nicht so schnell wieder dort, wo es hingehört – nämlich als Grundwasser dorthin, wo wir es dann gefiltert als Trinkwasser aus Brunnen wieder holen wollen. Das dauert  für das Tiefenwasser mehrere Jahrzehnte, also viel zu lange für unsere rasanten Verbrauch aus den Trinkwasserbrunnen.

Dieser Kreislauf muss verkürzt werden: Das Ab-Wasser muss nicht den Umweg über Flüsse und Meer nehmen, sondern soll aus der Kläranlage direkt in die Erde versickern und wieder zu „Grundwasser“ werden. Natürlich geht das in Ballungszentren nur bedingt, weil die Menge an anfallendem Klärwasser deutlich größer ist als die Flächen zur Verrieselung in die Erde.

Deswegen brauchen wir dezentrale Maßnahmen zur Kreislauf-Wasser-Wirtschaft,
also zu dem Bemühen, nicht mehr zu verbrauchen, als langfristig zur Verfügung steht:

 

Aus Abwasser wird Energie

„Das Konzept des HAMBURG WATER Cycle® (HWC) bietet einen ganzheitlichen Ansatz zur Abwasserentsorgung und Energieversorgung im urbanen Raum. Dabei werden die Infrastrukturbereiche Wasser und Energie als ineinandergreifende und sich ergänzende Aufgabenfelder betrachtet. Das schont die Ressource Trinkwasser und hilft gleichzeitig, das anfallende Abwasser zur Energiegewinnung zu nutzen. Auf diese Weise werden Stoffkreisläufe im direkten Wohnumfeld geschlossen.
Wichtigster Baustein des HAMBURG WATER Cycle® ist die getrennte Behandlung verschiedener Abwässer, die sogenannte Teilstrombehandlung. Regenwasser, Abwasser aus der Toilette und Abwasser, das in Küche und Bad z. B. beim Hände- oder Wäschewaschen entsteht, werden getrennt voneinander gesammelt und verschieden aufbereitet.“
(HAMBURG WATERCycle: Aus Abwasser wird Energie)

 

Die UHRIG-Gruppe (international anerkannte Spezialisten für Abwasser- und Regenwassersysteme) glaubt fest an die nachhaltige Energiewende und den Klimaschutz:
Im Abwasser vorhandene Restwärme wird über Wärmetauscher und Wärmepumpen als Heizenergie nutzbar gemacht. Eine so simple wie geniale Idee. Denn die Abwasser­wärme­rück­gewinnung zeichnet sich durch Klimafreundlichkeit, Wirtschaftlichkeit und ein enormes Potenzial aus. Bei Bedarf lassen sich im Sommer mit demselben System – nur nach umgekehrtem Prinzip – übrigens auch Gebäude kühlen. UHRIG setzt hier mit seinen patentierten Therm-Liner-Systemen innovative, technologische Maßstäbe.“
(UHRIG glaubt fest an die nachhaltige Energiewende und den Klimaschutz)

 

 

Modelle für Abwasser-Management

Abwasserreinigung im Klärwerk Hetlingen im Kreis Pinneberg, Schleswig-Holstein

„Im Klärwerk Hetlingen werden pro Jahr rund 31 Millionen Kubikmeter Wasser gereinigt. An mehr als 200 Pump- und Übergabestationen wird das Abwasser der Gemeinden in die großen Sammler eingeleitet. Durch diese Leitungen mit einem Durchmesser von bis zu 2,20 Metern fließt das Wasser zum Klärwerk.

Dort folgt ein mehrstufiges, technisch aufwändiges Reinigungsverfahren. Bei den Verfahrensabläufen und der Betriebsführung des Klärwerks werden der Stand der Technik, die Betriebssicherheit der Anlage sowie die Energieeffizienz berücksichtigt. Besondere Bedeutung hat darüber hinaus die Vermeidung von Geruchsemissionen.

Das saubere Wasser wird in die Elbe geleitet. Die gesetzlich vorgegebenen Schad- und Nährstoffgrenzwerte werden im Klärwerk Hetlingen meist deutlich unterschritten.“
( Klärwerk Hetlingen, Abwasserreinigung )

( Quelle: AZV Südhostein, Prozessgrafikg: Chemische Stufe )

„Parallel zur biologischen Reinigungsstufe findet auch eine chemische Phosphatfällung statt. Hierfür werden dem Abwasser Metallsalze zugegeben. Die Menge der zugegebenen Salze richtet sich nach dem Phosphatgehalt des Abwassers. Im Klärwerk Hetlingen werden Eisensalze und Polyaluminiumchlorid (PAC) verwendet. Diese Metallsalze verbinden sich mit dem gelösten Phosphat zu einer unlöslichen Verbindung, die sich mit den Schlammflocken absetzt und aus dem Abwasser entfernt werden kann.“

 

Neue Modelle

Noch 2016 hat das Umweltbundesamt in einer Studie festgestellt, dass sich

kein flächendeckender Bedarf für zusätzliche Bewässerung in Deutschland zeige.
Inzwischen wissen wir, wie kurzsichtig diese Einschätzung war.

Sehr wohl brauchen wir neue Modelle für Abwasser-Management

Das Braunschweiger Modell

„Das gereinigte Abwasser (Klarwasser) wird anschließend auf den landwirtschaftlichen Flächen unserer Verbandsmitglieder verregnet. Die Pflanzen erhalten dadurch das notwendige Wasser und gleichzeitig wichtige Nährstoffe. Wir sichern so die Erzeugung von Nahrungsmitteln und Energiepflanzen. Die Energiepflanzen nutzen wir für die CO2-neutrale Erzeugung von Biogas in unserer Biogasanlage, wodurch Strom und Wärme für mehrere Tausend Braunschweiger Haushalte erzeugt werden.“
(Das Braunschweiger Modell)

ein Klick auf das Bild öffnet die Seite mit Erklärungen zu den Zahlen

 

Das Wolfburger Modell des Wasserrecyclings und der Kreislaufwirtschaft

Das Wolfsburger Modell des Wasserrecyclings

„Die Wolfsburger Entwässerungsbetriebe haben ein Modell der Abwasserverwertung in nachhaltigen Wasser- und Energiekreisläufen verwirklicht, welches in dieser Form einzigartig ist.

Für dieses Modell sind fünf Prozesse maßgeblich:

  1. Klassische landwirtschaftliche Verwertung von gereinigtem Abwasser unter Ausnutzung der Wertstoffe Stickstoff und Phosphor aus dem Abwasser als Düngemittelergänzung in der Vegetationsperiode
  2. Grundwasseranreicherung durch Speicherung von nährstofffreiem Klarwasser in den Wintermonaten
  3. Anbau nachwachsender Rohstoffe im Verregnungsgebiet und Energiegewinnung durch deren Verwertung in einer Biogasanlage und einem Blockheizkraftwerk
  4. Verstromung des Biogases und die Möglichkeit der weitergehenden Nutzung als Kraftstoffersatz in Fahrzeugen nach entsprechender Aufbereitung
  5. Nutzung der thermischen Energie zur Klärschlammtrocknung

Die Abwassereinigung bildet die Voraussetzung zur anschließenden Abwasserverwertung. Das Herzstück des Wolfsburger Wasserrecyclings ist somit das Klärwerk der Stadt Wolfsburg auf dem Stahlberg in Brackstedt.
Im Klärwerk wird das stark verschmutzte Abwasser so behandelt, dass durch biologische und chemische Prozesse mit hohem technischen Aufwand Klarwasser mit unterschiedlichen Eigenschaft produziert wird. Dieses Klarwasser kann dann verschiedenartig genutzt werden.“

Die Funktionen der einzelnen Bereiche im Klärwerk Wolfsburg

„Mit Wasserrecycling gegen den sinkenden Grundwasserspiegel“
kommunalwirtschaft.eu, 28.08.2020

 

HYPOWAVE

In HypoWave wurde erstmals ein wassersparendes Konzept für die Landwirtschaft untersucht, in dem die hydroponische Pflanzenproduktion unter Verwendung von aufbereitetem Abwasser erfolgt. Ein interdisziplinäres Team erforschte innerhalb einer Pilotierung auf der Kläranlage Hattorf in der Nähe von Wolfsburg, wie die Effizienz dieser hydroponischen Pflanzenproduktion durch die Nutzung von kommunalem Abwasser für die Bewässerung noch erhöht werden kann.:::
HypoWave+ setzt an den Ergebnissen des Vorgängerprojekts an. Im Vordergrund steht dabei die wissenschaftliche Begleitung der Implementierung in Weißenberge bei Gifhorn. Die dortige hydroponische Gemüseproduktion wird mit Bewässerungswasser versorgt, das umweltschonend im Recycling gewonnen wird.

UmweltBundesamt: Wasserwiederverwendung
Wasserwiederverwendung („Water Reuse“) in dem hier betrachteten Zusammenhang bezeichnet die Nutzung von behandeltem Abwasser, das für eine weitere Verwendung aufbereitet wurde. Dies ist in vielen trockenen Ländern schon gängige Praxis, um mit Wasserknappheit umzugehen und die Nachfrage nach Frischwasserressourcen zu reduzieren.

 

Bundesministerium für Bildung und Forschung: MULTI-ReUse

Was wäre, wenn man gereinigtes Abwasser wiederverwenden würde, anstatt es wie bisher in den Fluss zu leiten?

Mit dieser Frage beschäftigt sich in den nächsten drei Jahren das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Forschungsprojekt MULTI-ReUse
Mit der Anwendung neuer Verfahren hätte dieses so genannte Betriebswasser zwar nicht zwangsläufig Trinkwasserqualität, könnte aber in Industrie, Landwirtschaft und zur Grundwasseranreicherung wiederverwendet werden.

Projekt in Nordenham
Die Stadt Nordenham in Niedersachen liegt im Versorgungsgebiet des Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverbandes (OOWV) und ist eine Region mit hohen Wasserabnahmen durch industrielle und gewerbliche Großkunden. Ein großer Teil des Trinkwassers wird als Betriebswasser benötigt und unter anderem als Kühlwasser oder für Spülprozesse eingesetzt.

 

Aus Abwasser Ressourcen gewinnen

Neue Wege für die urbane Agrarproduktion
Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT

Die Versorgung der wachsenden Bevölkerung mit nachhaltigen, lokalen und qualitativ hochwertigen landwirtschaftlichen Produkten ist eine enorme Herausforderung. Um den Bedarf gerade in urbanen Regionen zu decken, müssen neuartige Agrarsysteme etabliert werden. Ein Vorreiter auf dem Gebiet ist das Verbundprojekt SUSKULT, in dessen Rahmen jetzt eine Demonstrationsanlage feierlich eingeweiht wurde. Die Anlage steht auf dem Gelände einer Kläranlage des Wasserwirtschaftsverbandes Emschergenossenschaft in Dinslaken. In der SUSKULT-Vision sind dort alle wesentlichen Ressourcen für den Anbau von Gemüse und Co. – Nährstoffe, CO2, Wasser, Wärme – in großen Mengen verfügbar.

Dazu ein Video bei NANO, dem 3sat-Magazin vom 09.10.2023 ab 18:30
Dort ab Minute 17:35 : Gemüse aus der Kläranlage
„Bis 2050 werden voraussichtlich mehr als zwei Drittel der Menschen in Städten leben. Um die Bewohner ernähren zu können, müssen die Lebensmittel vor Ort produziert werden, z.B. in Gewächshäusern. Doch für das Urban Farming bedarf es viel Energie und weiterer Ressourcen – hier kommen Kläranlagen ins Spiel.“
( NANO, 09.10.2023, Minuten 17:35 – 25:04: Gemüse aus der Kläranlage )

 

SUSKULT – das Agrarsystem der Zukunft

SUSKULT ist ein auf Hydroponik basierendes innovatives Nahrungsmittelproduktionssystem, bei dem die Pflanzen im Rahmen einer Indoor-Kultivierung boden- bzw. erdelos unter Einsatz mineralischer Nährstofflösungen wachsen und gedeihen. Dieses System ermöglicht eine exakte Steuerung der Wasser- und Nährstoffversorgung von gartenbaulichen Kulturen. Die dafür benötigten Ressourcen Kohlenstoffdioxid, Phosphor, Kalium und Stickstoff sowie Wärme und Wasser bezieht SUSKULT aus einer Kläranlage!
SUSKULT ist regenerativ, lokal, kreislaufgeführt, knüpft an den derzeitigen gesellschaftlichen Ansprüchen an und trägt zum biobasierten Wandel Deutschlands bei.“
( SUSKULT – das Agrarsystem der Zukunft )

Video bei BIOÖKONOMIE.de: SUSKULT – Gemüse aus der Kläranlage (6:35Min)

Dinslaken: Kläranlage „Emscher-Mündung“, Emschergenossenschaft Lippeverband

 

Neue EU-Verordnung zu Wasserwiederverwendung

Die Verordnung (EU) 2020/741 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 2020 über Mindestanforderungen für die Wasserwiederverwendung trat am 26. Juni 2020 in Kraft. Am 26. Juni 2023 wird sie in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union – und damit auch in Deutschland – ihre Gültigkeit erlangen.
Die Verordnung soll die Wasserknappheit in der Europäischen Union in Folge des Klimawandels durch Wasserwiederverwendung für die landwirtschaftliche Bewässerung verringern und den Mitgliedstaaten die Umsetzung mit einheitlichen Vorgaben erleichtern. Ziel ist ein hohes Schutzniveau für die Umwelt und für die Gesundheit von Mensch und Tier sowie die Förderung der Kreislaufwirtschaft.
(Umweltbundesamt 18.05.2021: Neue EU-Verordnung zu Wasserwiederverwendung)