Klimaschutz / Energie / Windenergie / Sonnenenergie : Atomkraftwerke?   

Burnout – Requiem auf die deutsche Atomkraft

 

Der WDR sendete in der Reihe „Dok5 – Das Feature“ : Burnout – Requiem auf die deutsche Atomkraft von Reinhard Schneider, 16.04.2023, 53Min, WDR5

Seit dem 16.04.2023 ist Schluss. Hierzulande sind „die drei letzten Atomkraftwerke abgeschaltet. Ende einer Geschichte von unerschütterlichem Glauben an Technologie und beherrschbarem Risiko, „undenkbaren“ Katastrophen und wachsender gesellschaftlicher Spaltung. Ende auch einer Ära – allerdings keineswegs überall.“

Ausschnitte aus dem Feature:
ca ab Min 26:35  : „…. es verbrennt ja nichts. Die Wärme entsteht allein durch Umwandlung des Urans in andere radioaktive Stoffe durch Kernspaltung.  ….. 2 Werte, die mich aufhorchen lassen, da sie bis heute den Traum von effektiveren Reaktorkonzepten auf Trap halten: die zur Stromerzeugung eingesetzten LeichtwasserReaktoren können nur 7 % des angereicherten Urans nutzen. Die restlichen 93 % verbleiben als radioaktiver Müll! ….

ca ab Min 45:00 : „…. [zum geplanten Endlager in Gorleben:] … Pech war nur, dass sich bereits bald das Deckgebirge über dem Salzstock als zu brüchig erwies, um das lösliche Salz gegen den Zufluss von Grundwasser zu schützen. Das trotzdem das Graben und untersuchen weiterging, war einem Trick zu verdanken, den sich Regierung und Atomindustrie ausgedacht hatten: laut Gesetz durften in der Bundesrepublik Atomkraftwerke nur betrieben werden, soweit ein Entsorgungsnachweis für den radioaktiven Müll vorlag. Da das zu keinem Zeitpunkt der Fall war, kam irgendjemand auf die umwerfende Idee, alleine das Bemühen um ein Endlager mit dem Entsorgungsnachweis gleichzusetzen. ……“

ca ab Min 48:45 : „…. [ zur Situation in Lingen, beim ehemaligen AKW Emsland] …. In den letzten 20 Jahren sind nämlich Lingen und das Emsland bei den erneuerbaren Energien zu Hochform aufgelaufen. Solarbestückte Dächer, von mittelständischen Unternehmen betriebene Windparks und Anlagen zur Herstellung von Wasserstoff. Der Energiekonzern RWE schraubt an einem Großprojekt herum, bei dem mit Strom aus Windrädern in der Nordsee Wasserstoff in großem Stil erzeugt werden soll. Dazu spezielle Turbinen und Kavernen als Speicher zum Abpuffern unvermeidlicher Stromschwankungen. Wenn alles glatt geht, eilt das Emsland beim Ökostrom anderen Regionen mit Hochgeschwindigkeit davon.“ ….

Der Gesamtbeitrag bei Dok5 – Das Feature“ : Burnout – Requiem auf die deutsche Atomkraft 

 

 

 


 
Claudia Kemfert: „AKW behindern Energiewende in Europa“

WDR 5 Europamagazin Interview 15.04.2023 09:21 Min. Verfügbar bis 14.04.2024 WDR 5

Atomkraft ist keine Technik der Zukunft, sondern eine Technik der Vergangenheit, sagt die Energie-Ökonomin Prof. Dr. Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. Während Deutschland seine drei letzten Atomkraftwerke abschaltet, setzen andere europäische Länder wie Frankreich, Polen oder Finnland aber weiter auf Kernenergie. Die EU-Kommission habe mit der Taxonomie falsche Anreize gesetzt und verzögere dringend notwendige Investitionen in den Klimaschutz, so Kemfert.

 

Ausbau von Kernkraftwerken entbehrt technischer und ökonomischer Grundlagen

Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung Berlin: DIW Wochenbericht 10 / 2023, S. 111-121

  • Studie untersucht Rentabilität und technologische Umsetzbarkeit von Reaktorkonzepten weltweit
  • Trotz bevorstehenden Atomaustiegs auch in Deutschland Debatte über neue Reaktorkonzepte
  • Bestehende und geplante Kraftwerksprojekte sind unwirtschaftlich, auch technischer Durchbruch nicht zu erwarten
  • Umdenken in Energiesystemanalyse zugunsten erneuerbarer Energien weg von Atomenergie
  • Forderungen in Deutschland nach Forschungsförderung für den Neubau von Kernkrafwerken sind Irrweg

 

DIW Wochenbericht 10 / 2023

Alexander Wimmers: „„Atomenergie war, ist und bleibt unrentabel und technologisch riskant. Daran ändern auch angeblich neuartige Reaktorkonzepte nichts, die de facto ihren Ursprung in der Frühzeit der Atomenergie in den 1950/60er Jahren haben.“ 
(DIW Wochenbericht 10 / 2023, S. 111-121: Alexander Wimmers, Fanny Böse, Claudia Kemfert, Björn Steigerwald, Christian von Hirschhausen, Jens Weibezahn)

der Wochenbericht 10/2023 als PDF

 

Strom aus erneuerbaren EnergieQuellen deutlich günstiger als aus Atomkraftwerken

 


 
Atomkraftwerk-Laufzeitverlängerung – ABER SICHER?

 

„Atomkraftwerke sollen länger laufen und uns über den Winter retten, wenn es nach dem Willen von AfD, CDU, CSU, FDP und Springer-Presse geht. Dabei ist der Atomausstieg für den 31.12.2022 gesetzlich festgeschrieben, Brennelemente und Personal fehlen und viele Sicherheitsfragen sind ungeklärt. Ginge eine Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken überhaupt und wenn ja wie lange? Wie hoch sind die Risiken und orientiert sich die Diskussion an Fakten oder soll sie nur von energiepolitischen Fehlern der Vergangenheit ablenken?
(DAS IST EINE GUTE FRAGE PODCAST:Laufzeitverlängerung? 05.08.2022, 41Min)

 


Prüfung zur Debatte um Laufzeiten von Atomkraftwerken

 

„Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) und das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) haben einen Prüfvermerk zur Debatte um die Laufzeiten von Atomkraftwerken vorgelegt. Beide Ministerien haben geprüft, ob und inwiefern eine Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken angesichts des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine und der aktuell hohen Importabhängigkeit von Russland zur Energiesicherheit beiträgt. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob längere Atomlaufzeiten mögliche Versorgungsengpässe im nächsten Winter ausgleichen können. Aber auch eine mehrjährige Verlängerung wurde betrachtet. Beide Ministerien kommen zu dem Ergebnis, dass eine Verlängerung der Laufzeiten nur einen sehr begrenzten Beitrag zur Lösung des Problems leisten könnte, und dies zu sehr hohen wirtschaftlichen Kosten, verfassungsrechtlichen und sicherheitstechnischen Risiken. Im Ergebnis einer Abwägung von Nutzen und Risiken ist eine Laufzeitverlängerung der drei noch bestehenden Atomkraftwerke auch angesichts der aktuellen Gaskrise nicht zu empfehlen.(BMUV, Pressemitteilung, 08.03.2022)
BMWK/BMUV, 7. März 2022: Prüfung des Weiterbetriebs von Atomkraftwerken aufgrund des Ukraine-Kriegs

BMWK7BMUV, 11.06.2022:  Vermerk Zur Kritik [durch das Bayerische Staatsministerium für Umwelt…] am Prüfvermerk von BMWK und BMUV vom 7. März 2022 zur Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken

 


Kohlekraftwerke abschalten statt Atomkraftwerke?

 

Diese Sendung von quarks.de beim Westdeutschen Rundfunk Köln (10.03.2020, aktualis. 23.0.2021), Autor: Mathias Tertilt,
geht dieser Frage nach.

Die Grundaussagen:

  • Die letzten Deutschen Kernkraftwerke werden voraussichtlich bis Ende 2022 vom Netz gehen und müssen dann in den kommenden Jahrzehnten zurückgebaut werden.
    Gleichzeitig steigen die weltweiten Emissionen an Treibhausgasen.
    Theoretisch könnte man sie also über das Jahr 2022 hinaus noch einige Jahre weiter betreiben.
    Der Energiesektor ist trotz sinkender Tendenz im Jahr 2017 immer noch für rund 40 Prozent aller CO2-Emissionen verantwortlich gewesen. 
  • Längere Laufzeit der Atomkraftwerke würde CO2 einsparen: Würde man alle sechs Kernkraftwerke über das Jahr 2022 am Netz lassen, könnte man fünf Braunkohlekraftwerke ersetzen: Neurath, Niederaußem, Boxberg, Jänschwalde und Lippendorf. Darunter sind auch die zwei Braunkohlekraftwerke mit den höchsten CO2-Emissionen.
    Insgesamt würde das CO2-Emissionen von schätzungsweise* 70 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr einsparen – das entspricht fast ein Drittel der energiebedingten Emissionen und rund 10 Prozent der deutschlandweiten Emissionen.
  • Am Ende ist es häufig eine Kostenfrage. Laut eines aktuellen MIT-Reports sind die Kosten für die Kernenergie ein fundamentales Problem. Erneuerbare Energie ist meist eine deutlich kostengünstigere Variante.
  • Strom aus Atomkraftwerken ist laut Umweltbundesamt nicht CO2-neutral, wie es an vielen Stellen und besonders in den sozialen Medien oft beworben wird. Die Treibhausgase entstehen besonders vor und nach der Stromproduktion, etwa beim Uranabbau, beim Kraftwerksbau oder -rückbau bis hin zur Endlagerung.
  • Dem Bericht der weltweiten Klimakommission IPCC aus dem Jahr 2014 zufolge emittieren die Kernkraftwerke zwischen 3,7 bis 110 Gramm CO2-Äquivalente pro Kilowattstunde, wahrscheinlich eher im Bereich von 12 Gramm. Für das Jahr 2019 ergäbe das schätzungsweise 731 000 Tonnen CO2 – es bliebe also noch immer eine Ersparnis von vermutlich mehr als 54 Millionen Tonnen pro Jahr.
  • Viel schwieriger wiegt vermutlich der zusätzliche Atommüll, der zum Schutz der Umwelt sicher gelagert sein muss. Jedes Jahr fallen in Deutschland derzeit schätzungsweise rund 150 Tonnen hoch radioaktive, abgebrannte Brennelemente an.
    Bis 2080 prognostiziert die Bundesgesellschaft für Endlagerung mehr als 10 500 Tonnen hoch radioaktiven Abfall(ein Teil wurde nach Großbritannien und Frankreich entsorgt). Das entspricht rund 27 000 Kubikmetern. Hinzu kommen mehr als 300 000 Kubikmeter schwach und mittelradioaktive Abfälle, vom einfachen Putzlappen bis hin zum Bauschutt der abgebauten Kernkraftwerke.

  • Am Ende ist weniger die Menge entscheidend, sondern ob man ein passendes Endlager findet. In Europa hat lediglich Finnland bisher ein Endlager für hoch radioaktive Abfälle gebaut. In Deutschland läuft die Suche.

  • Ein Blick auf das Nachbarland Frankreich, das seinen Strom zu viel größeren Anteilen aus Kernkraft bezieht, zeigt, wie der Strom aus Brennelementen an Bedeutung verliert. Die Auslastung der Kernkraftwerke in Frankreich sinkt seit Jahren. Im Sommer erwärmen sich beispielsweise die Flüsse immer häufiger so stark, dass das Wasser nicht mehr wie geplant als Kühlwasser taugt.

(Der Gesamttext mit QuellenAngaben)

 


Kernkraft bleibt gefährlich und unzuverlässig

 

Im Wochenbericht 8 / 2021 ist vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW Berlin) dazu ausgeführt:

  • Zahlreiche Zwischenfälle in den vergangenen Jahrzehnten zeigen die Risiken der Kernkraft – Kapazitätsauslastung der Kraftwerke nahm nach Fukushima-Unglück ab.
  • drei Schutzziele müssen über sehr lange Zeiträume beachtet werden: 5 der Einschluss der radioaktiven Brennelemente und anderer Stoffe, die Kontrolle der Leistung („Reaktivität“) sowie die Abführung der im Reaktorkern entstehenden Wärme und die Kühlung der Brennelemente.
  • Der Anteil der Kernenergie an der weltweiten Stromproduktion und Primärenergie (1985 bis 2019) ist gering und rückläufig.
  • Seit den 1950er Jahren kommt es regelmäßig zu größeren Störungen, auch in Deutschland. Siehe Zeitleiste von Störungen in Kernkraftwerken nach INES­Schweregraden.
  • Kernkraft unterliegt Schwankungen: Lange Ausfallzeiten und geringe Kapazitätsnutzung.
    Selbst in den 2000er Jahren wurden immer noch mehr als ein Fünftel der Kapazität nicht genutzt. Frankreich, ein Land mit weit über 50 Kernreaktoren und dem höchsten Anteil von Kernkraft an der Stromerzeugung, leidet besonders unter der unzuverlässigen Verfügbarkeit von Kernkraftwerken, die zum kommerziellen Misserfolg beiträgt.

(Der Gesamttext mit grafischen InfoTabellen und Hintergrundinformationen)


 
Kernenergie keine Technologie zur Lösung der Klimakrise

 

Scientists for Future Deutschland nehmen am 27.10.2021 Stellung:

  • Zur Lösung der Klimakrise kann die Kernenergie nicht beitragen, da sie zu langsam ausbaufähig, zu teuer und zu risikoreich ist. Zudem behindert sie strukturell den Ausbau der Erneuerbaren Energien, die gegenüber der Kernkraft schneller verfügbar, kostengünstiger und ungefährlich sind. Das zeigt ein internationales Team von Fachwissenschaftler:innen der Scientists for Future (S4F) in einem heute veröffentlichten Text auf.
  • Ben Wealer, Leitautor der Studie und S4F-Mitglied, führt aus: „In jeder Dekade seit den 1970er Jahren gab es schwere Unfälle und eine Vielzahl kleinerer Zwischenfälle. Kernkraft ist derart risikobehaftet, dass Kernkraftwerke nirgendwo versichert werden können.“ Die Schäden bei einem Großunfall sind so hoch, dass die erforderlichen Versicherungsbeiträge faktisch unbezahlbar sind.
  • Kernkraft widerspricht zudem allen Wirtschaftlichkeitsberechnungen. „Unsere Zusammenschau der relevanten Studien zur Kernenergie als Mittel zur Minderung von Treibhausgasemissionen hat gezeigt, dass Stromerzeugung aus Kernenergie vor allem außergewöhnlich teuer ist“, erklärt Christian Breyer, Co-Autor der Studie und ebenfalls S4F-Mitglied. „Kernenergie war wirtschaftlich nie konkurrenzfähig und hat im Energiemarkt von Anfang an nur durch massive staatliche Finanzierung überlebt. Schon heute ist die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien kostengünstiger als durch fossile und nukleare Technologien.
  • Kernenergie ist nicht geeignet, diesen Transforma­tionsprozess zu unterstützen, sondern blockiert diesen sogar: Das Übergewicht an Ausgaben für die Kernenergie engt die Ent­wicklung nachhaltiger Klimaschutztechnologien wie Erneuerbare, Speicher und Energieeffizienz ein.

Der vollständige Text der Studie „Kernkraft und Klima“


 
Strom aus erneuerbaren EnergieQuellen deutlich günstiger als aus Atomkraftwerken

 

Warum wurden Erneuerbare so schnell so günstig?

von Max Roser, 01.12.2020 bei Our World in Data :

Damit die Welt auf kohlenstoffarmen Strom umsteigen kann, muss Energie aus diesen Quellen billiger sein als Strom aus fossilen Brennstoffen.

Fossile Brennstoffe dominieren die weltweite Stromversorgung, denn bis vor kurzem war Strom aus fossilen Brennstoffen deutlich günstiger als Strom aus erneuerbaren Energien. Dies hat sich in den letzten zehn Jahren dramatisch geändert. An den meisten Orten der Welt ist Strom aus neuen erneuerbaren Energien heute billiger als Strom aus neuen fossilen Brennstoffen.

Der grundlegende Treiber dieser Veränderung ist, dass erneuerbare Energietechnologien Lernkurven folgen , was bedeutet, dass mit jeder Verdoppelung der kumulierten installierten Leistung ihr Preis um denselben Bruchteil sinkt. Der Preis für Strom aus fossilen Energieträgern folgt jedoch keinen Lernkurven, so dass zu erwarten ist, dass der Preisunterschied zwischen teuren fossilen Energieträgern und günstigen Erneuerbaren in Zukunft noch größer wird.
…… „
(Der Preisverfall von Strom aus erneuerbaren Quellen, Our World in Data)