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Umweltfreundlichere Landwirtschaft: Ein historischer Kompromiss
Bauernverband und KritikerInnen sind sich einig über eine umweltfreundlichere Landwirtschaft – eine riesige Chance für mehr Klimaschutz nach der Wahl.
Die Landwirtschaft liefert oft schlechte Nachrichten: Die Branche ist einer der größten Treiber des Klimawandels, viele Schweine werden erbärmlich gehalten, auf dem Land sterben immer mehr Vogelarten aus. Doch nun gibt es eine realistische Möglichkeit, der Lösung solcher Probleme bedeutend näher zu kommen. Denn zwischen fast allen wichtigen Umwelt- und Bauernorganisationen herrscht seit kurzem eine überraschende Harmonie: Allen voran der Deutsche Bauernverband und der Naturschutzbund haben sich in der vom Bundeskabinett gegründeten Zukunftskommission Landwirtschaft auf einen Plan geeinigt, wie die Branche künftig klima- und umweltfreundlicher und trotzdem rentabel produzieren kann.

(taz – die tageszeitung  09.07.2021, debattenreihe Klimaschutz: Ein historischer Kompromiss)

Aus dem Kapitel „Landwirtschaft, Landnutzung und Ernährung“ des Klimaplans von German Zero
„Der 1,5-Grad-Klimaplan für Deutschland“:

Die Nutzung ländlicher Räume nachhaltig umgestalten

Die Art, wie wir unser Land nutzen, hat große Auswirkungen auf die Klimabilanz. In diesem Handlungsfeld betrachten wir sowohl Emissionen aus der Landwirtschaft (8,1 % der Gesamtemissionen) wie auch Emissionen und Kohlenstofffestlegung anderer Landnutzungsformen (LULUCF). Die Lachgas- und Methanemissionen der Landwirtschaft entstehen aus biologischen Prozessen und lassen sich nicht vollständig vermeiden. Wenn alle anderen Sektoren in Deutschland treibhausgasfrei werden, wird die Landwirtschaft der Hauptemittent von Treibhausgasen sein. Durch die Landnutzung können aber auch die Kohlenstoffvorräte von Böden, Wäldern und Holzprodukten weiter aufgebaut und dadurch „negative Emissionen“ ermöglicht werden (LULUCF).
(Quelle: Klimaplan bei GermanZero S. 40ff – dort ausführliche Erläuterungen)

GermanZero – Wichtige Maßnahmen im Sektor 6: LANDWIRTSCHAFT & LANDNUTZUNG

1. Emissionshandel für tierische Produkte
Tierhaltung ist für rund zwei Drittel der Emissionen aus der Landwirtschaft verantwortlich. Mittels Emissionshandel für tierische Produkte werden diese Emissionen durch eine schrittweise Reduktion der Zertifikatsmenge zielgenau und kosteneffizient gesenkt.
(GermanZero-Maßnahme: I.1. S.375ff im Maßnahmenkatalog „Landwirtschaft und Landnutzung“)

2. Flächenbindung
Die hohe Dichte von Tierhaltung in einigen Regionen führt zu lokalen Stickstoffüberschüssen und damit zur Freisetzung von Lachgas. Für die Rückkehr zum geschlossenen Nährstoffkreislauf wird eine betriebsbezogene Obergrenze von 1,32 Großvieheinheiten pro Hektar eingeführt.
(GermanZero-Maßnahme: I.2. S.378ff im Maßnahmenkatalog „Landwirtschaft und Landnutzung“)

3. Wiedervernässung von Mooren
95 % der deutschen Moorflächen wurden entwässert. Das daraus entweichende CO2 macht 5 % der deutschen Gesamtemissionen aus. Ein erforderliches Wiedervernässungsgebot wird durch eine Förderung der landwirtschaftlichen Nutzung wiedervernässter Flächen begleitet.
(GermanZero-Maßnahme: III.1. S.386ff im Maßnahmenkatalog „Landwirtschaft und Landnutzung“)

4. Neuausrichtung der EU-Agrarsubventionen
Um den Systemwandel zu unterstützen, werden die Agrarsubventionen, die fast ein Drittel des EU-Haushalts ausmachen, neu verteilt. Statt: „Wer viel Fläche hat, bekommt viel“ lautet künftig das Motto: „Wer viel für den Klimaschutz tut, bekommt viel“.
(GermanZero-Maßnahme: VI.1. S.399ff im Maßnahmenkatalog „Landwirtschaft und Landnutzung“)

6. Umstellung auf 100 % Ökolandbau bis 2035
Die Vorgaben des Ökolandbaus unterstützen Klimaschutz und Biodiversität, indem sie Flächenbindung vorsehen, den Einsatz von Mineraldünger und Pestiziden reglementieren und den Fruchtfolgenanbau vorgeben, der zum Aufbau des kohlenstoffbindenden Humusgehalts im Boden beiträgt.
(GermanZero-Maßnahme: V. S.397ff im Maßnahmenkatalog „Landwirtschaft und Landnutzung“)

In der Zukunftswerkstatt von GERMAN ZERO:

Ergebnisse der Beteiligung im Sektor „Landwirtschaft, Landnutzung und Ernährung“

„Wie vorab erläutert, haben wir die Kommentare mit der größten Zustimmung und den umfangreichsten Diskussionen ausgewählt. Unser Gesetzesteam hat sie auf ihre Eignung und juristische Umsetzbarkeit für das 1,5-Grad-Gesetzespaket geprüft und, wo immer möglich, mit einbezogen. Zu den zentralen Kritikpunkten und Anregungen möchten wir Rückmeldungen geben, und zeigen, was wir von euch gelernt haben.“


 

 

Leitsätze und Empfehlungen des „Bürgerrat Klima“ für die deutsche Klimapolitik: ERNÄHRUNG

Leitsatz des Handlungsfelds Ernährung:
Die Umstellung auf eine klimafreundliche Landwirtschaft soll unverzüglich erfolgen und stellt die Versorgung der Bevölkerung mit gesunden, für die gesamte Bevölkerung bezahlbare Lebens-mittel und den Erzeugenden ein Einkommen sicher.

Empfehlung #1: Bis 2030 sind eine klimafreundliche Landwirtschaft und ein klimafreundlicher Ernährungssektor umzusetzen.
Die Endprodukte müssen für die Endverbrauchenden leicht und nachvollziehbar erkennbar sein. Die EU-weite Einhaltung der Pariser Klimaziele soll von Deutschland in der EU vorangetrieben werden, in dem sich die Bundesregierung in der EU für eine tiefergreifend veränderte Subventionskultur in der EU einsetzt.

Empfehlung #2: Es ist ein zeitgemäßes Landwirtschaftsgesetz zur Einschränkung der Emissionen bis 2030 in der Landwirtschaft und des Ernährungssektors einzuführen und umzusetzen.
Die Regelungen des neuen Landwirtschaftsgesetzes orientieren sich dabei an dem im Bundesklimaschutzgesetz festgelegten Zielen (1,5 Grad). Bei der Erarbeitung sollen Experten und Expertinnen und betroffene Gruppen (z.B. Landwirte und Land-wirtinnen) mit einbezogen werden.

Empfehlung #3: Es soll eine Agrarwende/einen Strukturwandel in der Landwirtschaft von der konventionellen Landwirtschaft hin zu einer klimafreundlichen Landwirtschaft geben.
1a Zur Koordination und Umsetzung dieses Wandels ist eine Landwirtschafts-Kommission einzurichten, die für die Umsetzung Ziele verantwortlich ist.
1b die Subventionen sind klimafreundlich auszugestalten (siehe Empfehlung #4).
1cZur Unterstützung des Umstellungsprozesses sind entsprechende Förderprogramme umzusetzen und der Bereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung einzubeziehen.
Es sind Kriterien für eine klimafreundliche LW festzulegen. Diese sollten z.B. umfassen:
2a Reduzierung der Nutztierbestände mit dem Ziel einer Emissionsverminderung um 50% oder mehr in der Tierhaltung
2b Nutzung freiwerdender Flächen für erneuerbare Energien, Moore, AgroForst, Biodiversität, Wasserrückhaltung
2c Produktion von Rohstoffen für Klimaneutralität und Energiegewinnung
2d Vermeidung von Bodenerosion durch wechselnde durchgängige Bewirtschaftung
Anstelle von großen Nahrungsmittelkonzernen soll die genossenschaftliche Landwirtschaft gefördert werden. Dadurch sollen unter anderem Kleinbauern und Kleinbäuerinnen aus der Abhängigkeit dieser Konzerne befreit und eine bessere regionale landwirtschaftliche Versorgung ermöglicht werden. Landwirtschaft muss sich als Vollerwerb für Bauern und Bäuerinnen wieder finanziell lohnen.

Empfehlung #4: Die Subventionspolitik muss sich an Kriterien der Klimafreundlichkeit orientieren.
In der Folge sind Subventionen nicht nach der Fläche, sondern nach der Umwelt-Leistung und den Emissionen anhand von festgelegten Richtwerten zu berechnen. Sie sollen sowohl ausgleichend als auch investiv im Sinne einer klimafreundlichen Agrarwende eingesetzt werden. Insbesondere klimaschädliche Subventionen sind zu streichen. Insgesamt muss sich die Gesamthöhe der Subventionen nicht ändern, sondern es soll eine Umschichtung erfolgen.

Empfehlung #5: Der Agrarwandel im Ernährungssystem muss insbesondere im Bereich der Fleisch- und Milchproduktion erfolgen.
Dazu sind folgende Maßnahmen umzusetzen:
Emissionsminderung in der Tierhaltung um 50% oder mehr durch die entsprechend notwendige deutliche Verringerung der deutschlandweiten Nutztierbestände bis 2030. Dabei soll auch die Absenkung besonders hoher betrieblicher Besatzdichten (Massentierhaltung) erreicht werden.
Es sollen neue Tierhaltungsrichtlinien in Kraft treten bei denen auch das Tierwohl berücksichtigt werden muss und deren Umsetzung auch kleineren Betrieben ermöglicht wird (siehe Empfehlung #3//1c).
Eine intensive Tierhaltung auf bestehenden und wiedervernässten Mooren erfolgt nicht mehr.
Zur Einhaltung dieser Richtlinien sind Sanktions- und Anreizsysteme zu prüfen.

Empfehlung #6: Die systematische Überproduktion von Lebensmitteln in Deutschland und der EU ist einzudämmen.

Empfehlung #7: Die Bundesregierung hat mit geeigneten Maßnahmen dafür zu sorgen, dass
die gleichen Produktions-Standards für Importe wie in der nationalen Produktion gelten.
die angepassten produzierten Fleisch- und Milchmengen nicht durch Importe ausgeglichen werden.

Empfehlung #8: Weiterhin notwendige Futtermittelimporte sind an kurze Transportwege zu binden.
Es soll auf importierte Futtermittel verzichtet werden, die für Rodungen und Landumnutzungen im Ausland verantwortlich sind.

Empfehlung #9: Die Exportpolitik muss klimafreundlich gestaltet werden. Es sind entsprechende Richtlinien und Einschränkungen für Exporte aufzustellen.

Empfehlung #10: Der Schwerpunkt der öffentlichen Forschung muss auf ein klimafreundliches und nachhaltiges Agrar- und Ernährungssystem ausgerichtet sein.

Empfehlung #11: Wir empfehlen, dass es keine Patente auf Saatgut (inkl. genetisch verändertes Saatgut) geben darf.

Empfehlung #12: Die Ernährungsleitlinien der DGE müssen bis Anfang 2023 für eine gesunde und klimafreundlicheErnährung auf Grundlage der PLANETARY HEALTH DIET neu ausgerichtet werden.
Hieran sollten die Ausbildungsberufe sowie die Weiterbildungen im Bereich Ernährung angepasst werden. In öffentlichen Einrichtung (Schulen, Krankenhäuser, Pflegeheimen etc.) sollte sich der Speiseplan an diesen Leitlinien ausrichten.
Die Umsetzung dessen sollte durch ein Expertengremium begleitet werden.

Empfehlung #13: Bis 2030 muss die Grundversorgung mit gesunden Lebensmitteln bezahlbar für alle werden, indem klimaschädliche Produkte teurer und klimafreundliche Produkte günstiger werden.
Hierzu ist die Berechnungsgrundlage der Sozialbezüge durch einen Aufschlag für klimafreundliche Produkte zu erhöhen. Zur Umsetzung der Darstellung und Ein-führung von „wahren Preisen“, welche auch die Gesundheits- und Umweltkosten umfassen, ist durch eine entsprechende Expertenkommission ein Maßnahmenkata-log von verschiedenen Instrumenten wie z.B. Treibhausgasfußabdruck, finanziellen Anreizen, Regularien/Vorschriften auszuarbeiten und umzusetzen.

Empfehlung #14: Bis 2030 soll eine verpflichtende Klimaampel für alle Lebensmittel eingeführt werden. Die Klassifizierung erfolgt durch ein Expertengremium.
Dabei soll der gesamte Prozess (Erzeugung, Transport, Verpackung, Recycling-möglichkeiten, etc.) in die Bewertung mit einfließen. Die grün-bewerteten Produkte müssen nicht nur klimaneutral, sondern „natürlich“ hergestellt worden sein. Die rot-bewerteten Produkte sind nicht klimafreundlich.

Empfehlung #15: Die Verschwendung und Vernichtung von Lebensmitteln ist zu reduzieren.
Dazu sollte:
die Vernichtung von Lebensmitteln sowohl in der öffentlichen Gemeinschafts-Verpflegung, wie im Handel/Gastronomie als auch bei der Produktion (in Relation zur Warenverkehrsmenge) nach unterschiedlichen Abfalltypen dokumentiert und ab einer festzulegenden Menge unter Strafe gestellt werden.
sollen verwertbare Lebensmittelreste der Tierverfütterung zugeführt werden.
Lebensmittelrettung (z.B. Containern) soll straffrei sein.

Empfehlung #16: Werbung für klimaschädliche und ungesunde Produkte, insb. Werbung die an Kinder gerichtet ist, sollte verboten werden.
Werbung zwischen Kinder-Sendungen im Fernsehen sollte verboten werden. (Es muss klar definiert sein, was klimaschädlich ist, z.B. über die Klima-Ampel.)

Empfehlung #17: In Deutschland sollte durch Aufklärung eine klimafreundliche und gesunde Ernährung nach den Leitlinien der PLANETARY HEALTH DIET, insbesondere mit dem weitestgehenden Verzicht auf Fleisch-und Milchprodukte angeregt werden.
Hierzu sollte eine öffentliche altersgerechte Marketing- und Werbekampagne zur ge-sunden und klimafreundlichen Ernährung für alle Altersstufen durchgeführt werden (z.B. mit festen Werbespots auf YouTube, zu Hauptsendezeiten in öffentlich rechtlichen Medien, Rezeptvorschläge nach PLANETARY HEALTH DIET in Bunten Blättern etc.).

Empfehlung #18: Das Thema klimafreundliche und gesunde Ernährung ist in den Lehrplänen zu verankern.
Dazu sind bereits in der Grundschulzeit/Kitazeit Lern- und Erlebnismöglichkeiten (Schulgärten, gemeinsames Kochen) einzuführen und auch das familiäre Umfeld mit einzubeziehen. Es ist zumindest ein Unterrichtsfach, besser die Aufnahme als Querschnittsthema in alle Fächer aufzunehmen. Entsprechende Angebote sind bis zur Erwachsenenbildung (z.B. VHS) weiterzuführen.

Empfehlung #19: Es soll eine Demokratisierung des Ernährungssektors stattfinden unter Einbindung aller Kommunen, Bürger und Bürgerinnen.

aus: Empfehlungen für die deutsche Klimapolitik, S.87ff    von: Bürgerrat Klima


 

 

Empfehlungen von „Agora“ + „Klimaneutralität“ zum Klimaziel
„CO2-Ausstoß
um mindestens 65% bis 2030 im Vergleich zu 1990 senken“

Im Landwirtschaftsbereich soll auf einzelbetrieblicher Ebene eine Nährstoffbilanzierung eingeführt werden, um Bilanzüberschüsse zu begrenzen. Mineralischer Stickstoff soll zukünftig besteuert wer­den. Außerdem soll die Privilegierung tierischer Produkte bei der Umsatzsteuer beendet und in einem breit angelegten Verständigungsprozess eine Zukunftsperspektive für die Nutztierhaltung mit einem verringerten Tierbestand und deutlich weniger Düngeeinsatz erarbeitet werden. Zukünftig soll gelten: weniger Tiere, mehr Tierwohl, stabile Einkommen, gute Ernährung.
Da landwirtschaftlich genutzte Moore für einen Großteil der Treibhausgasemissionen der Landwirt­schaft verantwortlich sind, fordern die drei Thinktanks die Entwicklung einer Moorschutzstrategie. Deren Ziel müsse die weitgehende Wiedervernässung bis 2045 und eine klimaschonende, wirtschaft­liche Nutzung der wiedervernässten Moore sein.

50 Maßnahmen-Vorschläge von Stiftung Klimaneutralität, Agora Energiewende und Agora Verkehrswende
Der gesamte Maßnahmen-Katalog „Politikinstrumente für ein klimaneutrales Deutschland“ (PDF 1MB)

 

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